Ishin Yoshimoto-sensei

Ishin Yoshimoto-sensei

Ishin Yoshimoto wurde 1916 in Japans alter Hauptstadt Nara geboren. Er war das dritte von schließlich fünf Kindern in der Familie eines angesehenen Düngemittelhändlers und Stadtverordneten. Die Familie gehörte dem Jôdo-Shinshû an. Ein einschneidendes Familienereignis war der Tod von Yoshimotos jüngster Schwester. Danach wandte sich Yoshimotos Mutter stark der Religion zu und besuchte mit ihm und seinen Geschwistern häufig Tempel. Yoshimotos Kindheit war religiös geprägt.

Vor diesem Hintergrund begab sich Yoshimoto später auf spirituelle Suche und unterzog sich sehr strengen buddhistischen Übungen. Nach langjähriger Meditationspraxis erfuhr er tiefe Einsicht und fand die eine große Antwort auf alle Fragen. Aus tiefem Mitgefühl und großer Dankbarkeit heraus, entstand in ihm der Wunsch, einen leichteren, für alle Menschen beschreitbaren Weg zu tiefer Erkenntnis zu entwickeln. Es sollte Yoshimotos Lebensaufgabe werden.

Spiritueller Hintergrund

Ishin Yoshimoto war Buddhist der Jôdo-Shin-Schule. Im Laufe seiner spirituellen Praxis unterzog sich Yoshimoto einer sehr strengen, Übung, die auf die Meditation des historischen Buddha zurück geht. Bei dieser Praxis – Mishirabe (1) genannt – begab man sich unter Aufsicht eines buddhistischen Laienpriesters oder eines erfahrenen Gläubigen in Klausur, allein in einem Raum, von äußeren Reizen abgeschirmt, verzichtete man auf Essen, Trinken und Schlafen. Die Aufgabe bestand darin, sich die Frage zu stellen: „Wohin gehe ich nach dem Tod?” und man forschte in seinem Leben nach Situationen, in denen man Liebe erfahren hat.

Sinn dieser Übung war es, „echtes Vertrauen” zu finden: Das bedeutet nichts anderes als den Versuch, in sich selbst, in seiner eigenen Wesensart die Erfahrung von tiefem Vertrauen zu machen, die ganz persönliche Erfahrung von der umfassenden, unendlichen Natur allen Seins. Diese Praxis diente nicht dazu, etwaige Lebensformen nach dem Tod zu suchen, sondern forderte den Absolventen auf, den Sinn des Lebens zu ergründen.

„Gerettet zu werden” hieß also, den Sinn des Lebens gefunden zu haben, und dies mittels einer tiefen Erfahrung, zu der man im Buddhismus ‘Satori’, ‘Erleuchtung’ oder ‘Vollkommen Erwachter Geist’ sagt. Mit den „Personen, die einen retten wollen” sind jene Begleiter der Übung gemeint, die diesen Zustand des Satori bzw. Erleuchtung bereits erfahren haben. Es ging also darum, neben dem intellektuellen Wissen über Religion und Glauben eine ganz persönliche Erfahrung von Glauben zu erlangen. Ishin Yoshimoto-Sensei sagte: „Es reicht nicht das Wissen, dass Feuer heiß ist. Man muss es selbst erfahren.” Kein Essen, Trinken, Schlafen, nur die Frage: „Wohin gehe ich nach dem Tod?” Allein diese kurze Beschreibung der Übung, lässt erahnen, wie schwierig es war, sich einer solchen Praxis zu unterziehen. Es sollte eine Lebensaufgabe für Yoshimoto-Sensei werden, Mishirabe so umzugestalten, dass der Weg zum echten Vertrauen für alle Menschen beschreitbar sein würde.

1) Mishirabe / Textauszug (http://azmuto.blogspot.com/2016/02/die-mishirabe-ubung.html) weitere Informationen: www.ramakrishna.de/japan/naikan

 

Die Naikan-Methode

Bei der Entwicklung der NAIKAN-Methode halfen Yoshimoto seine Erfahrungen als gelernter Kaufmann. Er hatte den genialen Einfall, die Bilanzierung, das Prinzip von Soll und Haben auf soziale Beziehungen umzulegen. Diese beiden Aspekte seiner Persönlichkeit, seine spirituelle Erfahrung und sein kaufmännisches Hintergrund bilden das Fundament für diese Übung, die er NAIKAN – nach innen schauen – nannte.

Entwicklung der drei Fragen

Eine Lebens-Bilanz: Was habe ich von einem Menschen bekommen, was hat er für mich getan? Was habe ich ihm gegeben, was für ihn getan? Yoshimoto berücksichtigte in dieser Bilanz nur das Gute und die einfache Fragestellung erlaubte es ihm mit NAIKAN völlig frei und unabhängig von bestimmten religiösen Bezügen zu arbeiten, wenngleich die Wurzeln der Methode bis zum frühen Buddhismus zurückreichen.

Später kann die dritte Frage hinzu: Welche Schwierigkeiten habe ich diesem Menschen bereitet? Vielleicht aus dem geschäftlichen Denken, der Überprüfung von betrieblichen Abläufen abgeleitet, um Schwachstellen und Störfaktoren ausfindig zu machen. Die Entstehung dieser Frage ist nicht klar belegt. Auf alle Fälle stellt die dritte Naikan-Frage einen Betrachtungsabstand zur eigenen Person her:  Welche Schwierigkeiten habe ich demjenigen bereitet, gegenüber dem ich mich prüfe? Mehr Information über die Entstehung von Naikan: http://www.ramakrishna.de/japan/naikan.php

 

Die Verbreitung von Naikan …

Ishin Yoshimoto-sensei leitete Naikan zuerst mit seinen Angestellten, später ab 1955 in japanischen Gefängnissen. Yoshimoto gründete gemeinsam mit seiner Frau Kinuko Yoshimoto in Tokyo das erste Naikan-Zentrum. Anfang der 1970er Jahre entstanden in Japan weitere Naikan-Zentren, in den späten 1970er Jahren kam Naikan nach Europa. Vor allem Prof. Akira Ishii ist es zu verdanken, dass Naikan in vielen Ländern der Welt bekannt wird.

Ishin und Kinuko Yoshimoto bei der Essenszubereitung für die NAIKAN-TeilnehmerInnen. Das Essen brachte Yoshimoto dem Übenden persönlich an den Übungsplatz. Nachts wurde im NAIKAN-Raum auf Reisstrohmatten geschlafen. Obwohl Yoshimoto NAIKAN weitgehend vom religiösem Ritual befreit hatte, sah Yoshimoto sein Werk doch tief in den Geist Buddhas und Shinrans (2)  eingebettet:

„Die Begründer von NAIKAN sind Buddha und Shinran. Ich bin nur der die Trommel schlägt.“

Das letzte gemeinsame Foto: Ishii und Kinuko Yoshimoto. 1988 hörte er auf die Trommel zu schlagen, Ishin Yoshimoto-Sensei starb mit 73 Jahren.

2) Text: http://www.ramakrishna.de/japan/naikan / Worte von Ishin Yoshimoto (1998) in: J. Hartl u. J. Schuh: Die Naikan-Methode. 1998 Naikido Zentrum, Wien.

Je einfacher etwas ist, desto mehr Kraft und Stärke liegt darin. [Meister Eckhart]